Kapitel 2


Die Biologie der Chilis


Hier werden wir Euch etwas über den Wirkstoff Capsaicin und den Aufbau einer Chili erzählen. Außerdem gehen wir kurz auf den Begriff "Hybriden" ein.



Abschnitt 1: Der Wirkstoff Capsaicin


Eine Chili ist scharf. Aber was macht sie so scharf? Es ist der Wirkstoff Capsaicin (chem: C18H22NO3). Eigentlich ist er nur Bestandteil einer Wirkstoffgruppe, der Capsaicinoide. Zu dieser Gruppe gehört auch der Wirkstoff Dihydrocapsaicin. Beide machen ca. 90% der sogenannten "Scharfmacher" in einer Chili aus. Capsaicin ist ein Wirkstoff, der -mit Ausnahme der Schärfe- geschmacklos und farblos ist. Capsaicin ist ziemlich robust. Weder Kälte noch Hitze können etwas ausrichten. Der Stoff ist nur in Alkohol und Fett löslich, daher ist es auch nutzlos, Wasser gegen das "Brennen" zu trinken. Capsaicin besitzt also nur die Eigenschaft der Schärfe. Diese Schärfe wird nicht durch die Geschmacksnerven übermittelt, sondern wirkt lediglich auf die Wärmerezeptoren. Daraus resultiert ein völlig anderes Geschmacksempfinden als bei dem Genuß von mit Pfeffer gewürzten Speisen. Es wird quasi eine thermische Täuschung erzeugt. Durch den häufigen Genuß von Chilis werden die Nerven desensibilisiert, was erklärt, weshalb einige Leute die Chilis besser "vertragen" als andere. Diese Desensibilisierung für die Schärfe hat jedoch nichts mit dem Geschmacksempfinden als solches zu tun. Es wäre völlig falsch zu behaupten, daß Menschen, die sehr scharfe Sachen essen, nichts anderes mehr schmecken würden. Es ist wissenschaftlich erwiesen, daß diese in den Speisen enthaltene Schärfe die anderen Gechmacksnerven mobilisiert wodurch es gewissermaßen zu einer "Geschmacksverstärkung und -intensivierung" kommt. Nicht umsonst verfeinern gerade die armen Bevölkerungsschichten in Südamerika ihre "faden" Reis- und Mehlgerichte mit Chili, um auf preiswertem Wege die Speisen aufzuwerten.

Machen Chilis abhängig? Natürlich nicht, aber das Gehirn wird bei dem Verzehr von Chilis betrogen. Das bedeutet nichts anderes, als daß dem Gehirn ein Schmerz vorgespielt wird (manchmal ist es nicht nur simuliert). Daraufhin veranlaßt das Gehirn die Ausschüttung von Endorphinen, dem körpereigenen morphiumähnlichen Schmerzkiller. Da aber eigentlich keine Verwundung des Körpers vorliegt, ist nun ein Überschuß an Endorphinen vorhanden, was dazu führt, daß wir nach dem Verzehr von Chilis ein gewisses Glücksempfinden beobachten können. Aus diesem Grund kann man bei Chili Fans folgendes Verhalten häufig beobachen: Kaum hat der "Schmerz", das Husten und Tränen der Augen nach dem Genuß einer scharfen Chili nachgelassen, greift der betreffende schon wieder zu und probiert die nächste Schote.

Wie teilt man nun die Chilis bezüglich ihrer Schärfegrade ein? Im Jahre 1912 entwickelte der Pharma Wissenschaftler Wilbur L. Scoville ein Meßverfahren zur Einteilung der Schärfegrade. Eingeteilt werden die Chilis anhand der sogenannten Scoville-Einheiten. Die Einteilung reicht von 300.000 Scoville-Einheiten (Stufe 10), dies gilt für die Habanero und Scotch Bonnet, bis 0, der Feher oder der Sweet Banana. Der Wert 300.000 bedeutet, daß man eine Habanero mit der 300.000fachen Menge Wasser verdünnen müßte, damit die Schärfe nicht mehr erkennbar wäre. Wilbur L. Scoville hat die pürierten Schoten tatsächlich soweit mit Wasser verdünnt, bis die Probanten keine Schärfe mehr schmecken konnten. Diese Verfahren war natürlich relativ ungenau und von dem subjektiven Empfinden der Testpersonen abhängig. Heute ermittelt man den Schärfegrad mittels HPLC (High Performance Liquid Chromatography), einem chemischen Analyseverfahren, welches sehr genaue Ergebnisse liefert. Alle Chili-Sorten sind heute in der sogenannten Heat-Scale (von 0 bis 10 bzw. 0-300.000 Einheiten) erfaßt.

Was tun, wenn es brennt? Da Capsaicin nicht wasserlöslich ist, hilft kein Bier, Wein oder ähnliches (wobei ein Bier auch nicht schadet...). Aber Capsaicin ist besonders fettlöslich. Daher helfen z.B. Milch oder andere Milchprodukte, wie z.B. Käse oder Joghurt. Mit Käse kann man auch zu scharf geratene Speisen wieder etwas "entschärfen". Ein anderer wirkungsvoller Methode zur Bekämpfung der Schärfe ist das Lutschen einiger Körner Salz, wodurch es sofort zu einer Linderung der Schärfe kommt.Auf gar keinen Fall sollte man ein Glas Wasser trinken, da man hiermit das Capsaicin nur noch mehr verteilt.
Neben dem Wirkstoff Capsaicin enthält die Chili noch andere nützliche Stoffe. Sie ist reich an Vitamin C (vor allem in der noch grünen Form) und P. Zusätzlich enthält sie die Vitamine A (besonders in den reifen meist roten Früchten), B1, B2 und B12. (Siehe auch Kapitel:
Fit mit Chili)
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Abschnitt 2: Der Aufbau einer Chili


Aus den meist weißen Blüten entwickeln sich Chilis immer nach dem gleichen Schema. Weiter unten zeigen wir einen Querschnitt durch eine Chili und werden die einzelnen Bestandteile kurz erläutern.


Der Aufbau einer Chili im Querschnitt Der Weg zu einer Chili führt über den Stiel (1). Über den Kelch (2) (der ehemaligen Blüte), der bei den meisten Chili Sorten ziemlich ausgeprägt ist, gelangt man zur Außenhaut (3). Die Außenhaut (Exocarp) schützt die Chili vor dem Austrocknen und enthält den leuchtend roten Farbstoff Capsanthin. Darunter liegt eine weitere Schicht, die Zwischenschicht (4). Die sogenannte Mesocarp ist das Fruchtfleisch der Chilis. Sie enthält die Aromastoffe und ansonsten besteht sie hauptsächlich aus Wasser. Die letzte Schicht zum Innenraum ist die Innenhaut (5), die sogenannte Endocarp. Alle Schichten zusammengefaßt bezeichnet man als Pericarp, also als Schale der Chilis.

Nachdem man sich nun ins Innere der Chili vorgearbeitet, hat erkennt man folgende innere Struktur. Als erstes trifft man auf die Scheidewände (6). Diese stabilisieren die Chili. Anschließend an den Kelch befindet sich die Plazenta (7) auf der die Samen (9) wachsen. Die Plazenta wird von der Plazentawand (8) umschlossen. Auf dieser sitzen Drüsen, die das Capsaicin produzieren. Durch die Nähe der Samen sind diese wesentlich schärfer, als die übrige Frucht. Am Ende der Chili liegt die Spitze (10). Sie bildet den Abschluß der Chili und dient zum Teil auch als Unterscheidungsmerkmal zwischen den verschiedenen Chili Arten.


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Abschnitt 3: Die Hybriden unter den Chilis


Hybrid bedeutet Kreuzung, d. h. Hybride sind gekreuzte Chilis. Jeder kann selber Kreuzungen herstellen. Dazu müssen bei der ersten Pflanze die Blütenblätter der Knospe entfernt werden, kurz bevor sich die Blüte öffnet. Dies sollte sehr vorsichtig geschehen, da der Stempel der Blüte sehr leicht mit abgeht oder beschädigt werden kann. Danach wird mit einem feinen Pinsel Blütenstaub der zweiten Pflanze, mit der die Erste gekreuzt werden soll, aufgenommen und auf den freigelegten Stempel aufgetragen. Das war es auch schon fast. Zum Schluß muß die Blüte nur noch beschriftet werden. Und wenn Ihr Glück habt, wächst dort eine neue Frucht heran und Ihr habt eine neue Sorte geschaffen. Diese macht sich jedoch nicht an der jetzigen Frucht bemerkbar, sondern erst, wenn man die entstandene Frucht trocknet und die Samen im nächsten Jahr aussät. Die Erfolgsquote war bei uns allerdings sehr gering, und wir haben bis jetzt noch keine neue Sorte erschaffen.
Es kann auch in der freien Natur leicht vorkommen, daß Pflanzen, die nahe beieinander stehen unfreiwillige Kreuzungen hervorbringen. Leider kann es sein, daß selbst bei efolgter Kreuzung die neu entstandenen Eigenschaften bei der nächsten Generation wieder verloren gehen. Daher macht es auch wenig Sinn, die Samen von sogenannten F1-Hybriden (siehe Samenpackung) zu trocknen und im nächsten Jahr wieder anzupflanzen, da die besonderen Eigenschaften (große Früchte oder Virenresistenz) dieser industriell gezüchteten Pflanzen meist wieder verloren gehen.
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